Bei Gamestop handelt es sich um einen international tätigen Einzelhändler für Computerspiele aus den USA. Seit 2016 geriet das Unternehmen immer mehr in Bedrängnis, da der Vorstand den Trend zum Onlinehandel verpasst hat. Der Wert des Unternehmens nimmt kontinuierlich ab und die finanzielle Lage wird immer schlechter. Folglich fällt auch der Aktienkurs.
Ende 2020 steigt ein erfolgreicher Investor bei Gamestop ein, der immer mehr Anteile aufkauft. Anfang Januar 2021 wird er in den Vorstand aufgenommen und gibt die neue Richtung von Gamestop vor. Es soll das Amazon in der Videospielbranche werden. Die Trendwende scheint zu entstehen, aber warum steigt der Kurs in der Spitze um das 27-fache allein in diesem Jahr?
Dazu muss etwas tiefer in die Finanzwelt geschaut werden. Es ist nicht nur möglich Aktien zu kaufen, sondern auch der Leerverkauf ist eine Möglichkeit. Dabei wird auf fallende Kurse gesetzt und Aktien geliehen, die einem nicht gehören. Am Ende einer Frist muss der Verkäufer sich die Aktien kaufen, um sie dann zurückgeben zu können. Im Optimalfall ist der Aktienkurs gesunken, so dass er die Aktien zu einem geringeren Preis kaufen muss, als er sie sich geliehen hat und macht dadurch Gewinn. Bei Gamestop gab es eine große Menge dieser Leerverkäufe, aber dazu gleich mehr.
Insgesamt hat Gamestop rund 69,7 Mio. Aktien. Da aber ein Teil vom Vorstand und Aufsichtsrat gehalten werden und deswegen nicht zum Verkauf stehen, beziffert sich der wirklich zur Verfügung stehende Anteil für Käufer auf rund 50,2 Mio. Aktien. Am 31.12.2020 betrug der Anteil an Leerverkauften Aktien (geliehene Aktien, die später gekauft werden müssen) 71,2 Mio. Stück. Demzufolge sind 21,2 Mio. Aktien mehr geliehen, als existieren (141%). In dem Internetforum Reddit ist dies aufgefallen und die Nutzer starteten mit dem Kauf von Gamestop Aktien. Die steigende Nachfrage treibt den Preis nach oben von 17$ auf zunächst ca. 40$. Die Leerverkäufer machen in diesem Moment schon extreme Verluste, wollen aber noch nicht von Ihren Positionen ablassen. Die Folge ist ein beginnender Short-Squeeze, also das „Herausquetschen“ von Leerverkäufern. Diese müssen Aktien kaufen, bis keine nicht existierenden Aktien mehr da sind. Der Anteil an Nutzern die Gamestopaktien besitzen und den Short-Squeeze provozieren wollen wird auf bis zu 10% geschätzt, also weitere 6,8Mio. Aktien, die nicht zur Verfügung stehen (43,4Mio. Aktien übrig). Erste Leerverkäufer wollen Ihre Verluste begrenzen und müssen Aktien dafür kaufen. Die gestiegene Nachfrage und das verringerte Angebot führen nun zu steigenden Preisen. Der Aktienkurs liegt in der Spitze bei ca. 75$ pro Aktie. In den nächsten Handelstagen entwickelt sich eine Lawine. Immer mehr Leerverkäufer wollen steigende Verluste verhindern und müssen dafür Aktien kaufen. Die Nachfrage steigt also immer weiter und damit der Preis. Am 28. Januar 2021 sehen wir in der Spitze 480$, also das 27-fache des Preises als 1 Monat zuvor. Die Aktie wird immer populärer und immer mehr Käufer steigen ein. Aber wie geht es weiter? Die aktuellen Daten (15. Januar 21, Daten werden Mitte und Ende eines Monats aktualisiert) zeigen, dass nach dem Anstieg auf 40$ die Anzahl der geliehenen Aktien schon auf 61,8 Mio. Aktien gesunken ist. Zu erwarten ist, dass die Anzahl der geliehenen Aktien zum 29.1 bereits unter 50Mio. bzw. sogar unter 43 Mio. Aktien liegt und damit das irrationale Ungleichverhältnis aufgehoben ist.
Warum steigt der Kurs nach dem zu erwarteten Einbruch am 28.1 trotzdem wieder? Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine Großzahl von Käufern, die die Aktie jetzt erst durch die Nachrichten entdecken und deswegen neu einsteigen. Das erzeugt ein neues Kursfeuerwerk, ohne technischen oder fundamentalen Hintergrund und kann so schnell vergehen, wie es gekommen ist. Die Zukunft und neue Nachrichten vom Vorstand werden uns zeigen, wohin die Reise geht.
Sebastian Pusch
Finanzanlagenfachmann, Gründer unitedWealth Finanzberatung GbR
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